Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest

     
Themen zur Zukunft
im Hochschwarzwald und Breisgau - ab Oktober 2006

   

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Blick 300 m hinter der Halde nach Nordwesten in den Stohren am 9.9.2006

 

 

     
    
Zehn Forderungen an eine neue Weltordnung

"Eine Kultur des Friedens erfordert unseres Erachtens die Globalisierung der Erkenntnis, dass alle auf alle anderen in dieser Welt angewiesen sind, dass es also nur eine gemeinsame Sicherheit geben kann", hieß es im Geleitwort des Verhaltensforschers und Psychologen Horst-Eberhard Richter an den IPPNW-Kongress vom Wochenende in Berlin. Vor diesem Zusammenschluss der Internationalen Ärzte für die Verhütung eines Atomkrieges hat Daniela Dahn um "Nachsicht für Utopisten gebeten" und ihre zehn Forderungen an eine Neue Weltordnung formuliert, die wir vollständig dokumentieren.

I. Aus gegebenem Anlass gehört eine Kopie des Guernica-Bildes zur obligatorischen Ausstattung aller öffentlichen Räume, in denen Verhandlungen über Krieg und Frieden stattfinden. Wer Glauben machen will, Picasso habe sich mit seiner anklagenden Mahnung nicht auch an ihn gewandt, irrt. Krieg muss immer wieder neu geächtet werden.

II. Krieg ist die exzessivste Form von Terrorismus. Er verschlimmert alles und löst nichts. Militarisierung der Außenpolitik muss und kann abgewählt werden. Stell dir vor, es ist Wahl und keiner wählt Krieg. Keiner wählt Raketenstationierung und Einkesselung einer neu oder erneut zum Feind erkorenen Macht. Eine kritische Öffentlichkeit hinterfragt durchsichtige Kampagnen, die Feinde, Schurken und Diktatoren installieren, um dann selbst gewaltsam draufschlagen zu können. Verteidigungsbündnisse, die zu Angriffsbündnissen mutieren, gehören abgeschafft. Misstrauen gebührt kriegerischen Überfällen, die "humanitäre Katastrophen" verhindern wollen. Humanitäre, also menschenfreundliche, wohltätige Katastrophen gibt es nicht. Es gibt nur humanitäre Politiker und Politiker, die Katastrophen sind. Diese sind abwählbar. Misstrauen gebührt auch kriegerischen Überfällen, die sich friedenschaffendes Mandat nennen. Die Mandatshoheit liegt bei der UNO. Ansonsten sieht man sich in Den Haag. Ein Staat, der sich diesem Gericht nicht unterwirft, verliert den Ehrentitel Rechtsstaat. Ohne globale Rechtsordnung wird sich eine globale Unrechtsordnung verfestigen. Das Moralische muss den Maßgaben des Juristischen untergeordnet werden. Denn die Moral ist ein Ding, das per Definitionshoheit immer auf der eigenen Seite ist. Ausnahmslos alle Kriege haben mit einer moralischen Argumentation begonnen. Und dieser voraus ging immer eine propagandistische Aufrüstung: die publikumswirksame Installation eines Sündenbocks.
Individuelle Verantwortlichkeit von Politikern funktioniert nur, wenn sich alle dem Völkerrecht beugen. Den selbst ernannten Vorzeigedemokraten wird nicht gestattet, auch noch die Gerichte zu dominieren, denen sie selbst sich entziehen. Niemand darf die Macht haben, neben dem Recht zu leben, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen werden zu können.

III. Fundamentalisten, die vorgeben, in Gottes Auftrag zu handeln, müssen verraten, welchem Gott sie zu Diensten sind. Und den Auftrag vorweisen. Aus keiner Schrift abzuleitender, religiöser Fundamentalismus ist genauso wenig sakrosankt, wie der Über-Vater des Kapitals. IN MONEY WE TRUST wird als Weltreligion nicht akzeptiert. Weil von der vorgeblichen Weltbeglückung doch meist nur die Kapitalbeglückung übrig bleibt. Beispiele sind im Bewusstsein zu halten. Etwa wie sich 1951 im Iran aus eigenen Kräften Parteien und eine plurale Presse herausbildeten und - erstmalig in der Geschichte des Landes - eine demokratisch gewählte Regierung. Präsident Mohammed Mossadegh nahm sich die Freiheit, die bis dahin von Großbritannien beherrschte Ölindustrie nationalisieren zu wollen. Nach zwei Jahren war er von einer angloamerikanischen Allianz nach CIA-Konzept gestürzt, der vom Volk gehasste Schah wurde an seine Stelle gesetzt und die begonnene Demokratisierung der Region für Jahrzehnte zurückgeworfen. Oder wie heute drei Viertel der einst jugoslawischen Zeitungen der W.A.Z.-Gruppe gehören. Darin seitenweise Privatisierungsanzeigen. Siemens wirbt ganzseitig auf Deutsch, Übersetzung für die Eingeborenen nicht mehr nötig. Zu erinnern wäre hartnäckig auch an die offenbar unergründliche Frage, warum in der Woche vor dem 11. September der Umsatz mit Aktien von Finanzinstituten aus 22 Stockwerken des World Trade Center und der beiden betroffenen Fluggesellschaften um 1.200 Prozent stieg? Inspektoren in die Börse!

IV. Kriegsbereitschaft darf keine Ware sein, die man auf dem Basar kaufen kann. Um dieser Gefahr nicht ohnmünzig ausgesetzt zu sein, darf nicht länger hingenommen werden, dass die Hälfte der Menschheit in Armut lebt. Das Weltgewissen - eine noch zu entwickelnde Instanz - findet sich nicht länger mit dem neokolonialen Sinn für Gerechtigkeit ab, der die ärmsten Länder die Summe der erhaltenen Entwicklungshilfe jährlich sechsfach durch Zinsen und Schuldentilgung zurückzahlen lässt. Eine neue Weltordnung lässt nicht zu, dass jährlich 50 Millionen Menschen an Unterernährung, Seuchen und heilbaren Krankheiten sterben. Während ein Zwanzigstel der Rüstungsausgaben ausreichen würde, um die schlimmste Armut zu beseitigen. Sie lässt nicht zu, dass dieser Frieden die Menschheit jedes Jahr soviel Opfer kostet, wie der Zweite Weltkrieg in sechs Jahren. Dass in einer Welt von so gottloser Ungerechtigkeit die Wut wächst, ist nicht verwunderlich. Terrorismus ist ein Schrei, der gehört werden will. Eine neue Weltordnung muss die Armut und Demütigung bekämpfen, die den Terrorismus gebiert.

V. Ein ziemlich sicheres Mittel, Massenvernichtungswaffen nicht in Terroristenhände gelangen zu lassen, ist, sie ihnen nicht zu verkaufen. Ein sehr sicheres Mittel, Massenvernichtungswaffen nicht in Terroristenhände gelangen zu lassen, wäre, wenn sich alle 138 Vertragsstaaten, darunter die USA, an die unterzeichneten Abkommen über das generelle Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung biologischer und chemischer Waffen halten würden. Glasnost in die Waffenproduktion! Uran zur Hölle! Rüstung ist Energieverschwendung und Energieverschwendung heizt das Klima auf. Wer es wagt, mit dem möglichen Einsatz von Atombomben zu drohen, wird gezwungen, öffentlich die UN-Resolution 1653 zu verlesen, in der es heißt, "dass jeder Staat, der nukleare Waffen einsetzt, ... ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Zivilisation begeht". Die himmelschreiende Ungerechtigkeit, wonach der Profit aus dem internationalen Waffenhandel so hoch ist wie das Einkommen der Hälfte der Weltbevölkerung, wird nicht länger hingenommen. Eine UNO-Genehmigungspflicht ist die Vorstufe zu einem Verbot aller Waffenexporte. Zur Überprüfung sind Waffen vor dem Verkauf ab sofort satellitenkenntlich zu markieren, damit ihre Herkunft und ihr Verbleib jederzeit ersichtlich sind.

VI. Westliche Werte verteidigt man am besten, indem man sie selbst einhält. Wer sich unter Verzicht auf den Kern des Völkerrechts an die Weltherrschaft bomben will, darf sich über die Wiederbelebung des Begriffs Imperialismus nicht allzu sehr wundern. Auch das Schüren einen Kalten Krieges ist ein Kriegsverbrechen. Die Weltöffentlichkeit sieht nicht zu, wie Konflikte aufgerüstet werden, um sie dann militärisch einzubrennen. Zum diplomatischen Verhandeln gibt es keine Alternative. Auch nicht die der diplomatischen Erpressung à la Rambouillet, wie 1999 kurz vor dem Kosovo-Krieg. Konfliktverhütung ist die sinnvollste Investition. Sie ist billiger als friedenserhaltende Maßnahmen und diese sind wiederum preiswerter als Krieg. Doch, wie Brecht warnte: Krieg wird sein, solange auch nur ein Mensch am Krieg verdient. Am Krieg und am Frieden verdienen nicht die selben. Deshalb ist es eine politische Aufgabe dafür zu sorgen, dass Frieden ein besseres Geschäft ist als Krieg. Für das Geld, was der Jugoslawienkrieg gekostet hat, hätte man jeder Familie im Kosovo ein Haus mit Swimmingpool bauen können. Das wäre ein tauglicheres Mittel gewesen gegen Separierungswünsche und gegen so genannte ethnische Konflikte, die meist religiöse sind. Die Büchse der Pandora ist im Kosovo ausgegraben und geöffnet worden. Im Widerspruch zur UN-Resolution 1244, die nach wie vor gilt und die territoriale Integrität Serbiens festschreibt. Die Büchse zu schließen, könnte der Zerstückelung der Welt vorbeugen.

VII. Geheimdienste haben sich ebenso an Straf- und Menschenrechte zu halten wie Wirtschaftsunternehmen. Nicht nur weil später bekämpfte Diktatoren von Sicherheitsapparaten wie KGB, CIA und BND ausgebildet wurden, stellt sich immer wieder die Frage nach der Legitimität dieser Dienste.
Westliche Geheimdienste haben 2004 die "gesicherte Erwartung" bekundet, dass der nächste Anschlag des Al-Qaida-Netzwerkes mit nuklearen Mitteln geführt wird. Beweise zu erbringen, ist nicht üblich. Doch eigene Urteilskraft ist die Basis der Demokratie. So viel ist bekannt: Die neue Runde atomaren Wettrüstens geht eher nicht von Al-Qaida aus. Dem Islam wurde vom Westen nachgesagt, er sei im Mittelalter stehen geblieben und habe die Aufklärung noch vor sich. Doch die im Irak bewiesene Gewalttätigkeit der Achse des Guten fällt noch zurück hinter das Alte Testament, das mit seinem Auge um Auge und Zahn um Zahn immerhin ein Maß setzte, das nicht überschritten werden durfte. Gegen die Waffe Selbstmordattentäter gibt es keinen militärischen Schutz. Jede Bombe rekrutiert hundert neue Attentäter. Da hilft nur, was die Mächtigen am wenigsten mögen: ein politisches, soziales und kulturelles Entgegenkommen. Zum Dialog der Kulturen gibt es keine Alternative. Unsere Waffe ist die friedliche Demokratie. Einen anderen Schutz vor Terrorismus gibt es nicht. Wir sind auf dieser Erde verdammt, uns zu vertragen. Und das geschieht uns recht.

VIII. Das Jüngste Gericht der Weltöffentlichkeit, in dem wir alle einen Sitz haben, darf sich nicht an die Lüge gewöhnen. Die gefährlichste, bereits im Einsatz befindliche Massenvernichtungswaffe ist die der Desinformation. Wenn eine irrationale Massenpsychose um sich greift, welche Akzeptanz hat dann noch Völkerrecht? Mit Gasmaske hinter verklebten Fenstern auf Impfstoff hoffend - dieses Thriller-Szenario ist nicht das Leben, auf das zu hoffen sich lohnt. Auch geistige Mobilmachung, also bewusste Manipulationen und Fälschungen, die den Ausbruch eines Krieges legitimieren helfen, müssen zu Straftatbeständen werden. Mindeststrafe ist die öffentliche Verleihung der Orwell-Medaille mit der Inschrift, die an die Front des Wahrheitsministeriums gemeißelt ist:
KRIEG BEDEUTET FRIEDEN FREIHEIT IST SKLAVEREI UNWISSENHEIT IST STÄRKE
Wer die Verblödungsapparate satt hat, unterstützt den Ruf: Fernsehgedemütigte aller Länder vereinigt Euch! Desinformation, Propaganda, Verdunklung und Bestechlichkeit müssen ans Tageslicht. Gründet einen linken Weltsender, ein CNN von unten! Kennwort: Eine andere Welt ist möglich.

IX. Was kann der kleine Bürger für den großen Frieden tun? Regierungen, die den Mut aufbringen, sich völkerrechtskonform zu verhalten, indem sie sich nicht an einem Angriffskrieg beteiligen, verdienen Respekt. Reicht ihr Männer- und Frauenstolz vor Königsthronen nicht bis zur letzten Konsequenz, unterstützt die couragierte Bevölkerung das gemeinsame Ziel durch Protestdemonstrationen, durch Sitzblockaden an Militärbasen, durch Streiks des Hilfspersonals, durch Kriegsdienstverweigerung und Desertion. Aber auch mit konstruktiven Vorschlägen zu einer Kultur des Friedens über Appelle und Kongresse, über Internet-Netzwerke und Selbstorganisation im open space. Diese Kultur des Friedens kann jeder im Kleinen mitprägen und fürs Große Mitsprache verlangen. Demokratie darf sich künftig nur das System nennen, das dem herrschenden Volk in der Frage aller Fragen, in der Frage über Leben und Tod, über Krieg und Frieden, ein Vetorecht einräumt.

X. Utopisten werden mit Nachsicht behandelt.

Daniela Dahn, 2.10.2008, mehr auf http://www.freitag.de/2008/38/08381001.php

 

BIZ befürchtet Firmen-Pleitewelle bei Heuschrecken-Opfern

Von "Private Equity" übernommene Unternehmen müssen bis 2010 rund 500 Mrd. USD an Krediten refinanzieren – was laut BIZ auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen dürfte

Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die "Zentralbank der Notenbanken", befürchtet eine Pleitewelle bei von "Private Equity"(PE)-Unternehmen übernommenen Firmen. Private-Equity-Fonds – die berüchtigten "Heuschrecken" - kaufen mit einem Fremdkapitalanteil von üblicherweise 65 bis 75 Prozent, oft aber auch bis zu 90 Prozent börsenotierte ("public") Unternehmen und nehmen sie von der Börse (daher "private"). Der Kaufpreis wird dann den übernommenen Unternehmen aufgebürdet, die Zinsen und Tilgung aus den erwirtschafteten Cashflows und durch den Verkauf von Unternehmensteilen aufbringen sollen. Nach dem aktuellen BIZ-Paper Private equity and leveraged finance markets werden nach dem Übernahme-Boom der letzten Jahre nun bis 2010 aber für rund 500 Mrd. USD an derartigen Krediten Anschlussfinanzierungen benötigt, die im aktuellen Kreditmarktumfeld kaum zu erhalten sein werden. Angesichts der sich abschwächenden Konjunktur dürfte es den betroffenen Unternehmen zudem sehr schwer fallen, die erforderlichen Gelder aus den eigenen Cashflows aufzubringen. Wieder einmal sollte sich das PE-Geschäft somit als höchst zyklisch erweisen, wobei am Höhepunkt des Booms laut BIZ "viel zu viel Geld zu wenigen Deals nachgejagt habe", was die Unternehmenspreise enorm in die Höhe getrieben und die Erfolgschancen der Deals entsprechend verringert habe. Denn bis zum Ausbruch der Finanzmarktkrise im Sommer 2007 hatten PE-Fonds keinerlei Probleme gehabt, so genannte "Leveraged Loans" (LL) zu erhalten. In der Folge hatten weltweit niedrige Zinsen, die hoher Risikoneigung der Finanzinvestoren und niedrige Konkursraten am Unternehmenssektor eine beispiellose Übernahmewelle ausgelöst, die alle PE-Booms der Vergangenheit in den Schatten gestellt habe.
....
Kompletten Telepolis-Text von Rainer Sommer vom 14.7.2008 bitte lesen auf
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28291/1.html

Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
www.bis.org


Nachhaltigkeitslücke: Der Staat müsste vier Billionen Euro zurücklegen

Jeder vernünftige Kaufmann legt für schlechte Zeiten Geld zurück. Nur nicht der deutsche Staat. Für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung künftiger Generationen wurde einer Studie zufolge viel zu wenig angespart. Es geht um mehrere Billionen Euro.

Der Staat sorgt einer Studie zufolge entschieden zu wenig für künftige Generationen vor. Die angehäufte Hypothek zulasten nachfolgender Generationen liege bei knapp vier Billionen Euro, sagte das Vorstandsmitglied der Stiftung Marktwirtschaft, Bernd Raffelhüschen, am Donnerstag in Berlin. Aufgrund der guten Steuereinnahmen falle die sogenannte "Nachhaltigkeitslücke" zwar geringer aus als im Vorjahr, liege aber immer noch bei 168 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die errechneten vier Billionen Euro seien notwendig, damit der Staat seinen Verpflichtungen nachkommen und künftigen Generationen die gleichen staatlichen Leistungen erhalten könne wie heutige Generationen - etwa bei Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung oder bei den Beamtenpensionen. Jeder ehrbare Kaufmann weise entsprechende Rücklagen aus, monierte Raffelhüschen. "Die Chance, nachhaltige Reformmaßnahmen zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen umzusetzen, wurde nicht genutzt", beklagte der Freiburger Demografieforscher. Notwendig sei mehr Kapitaldeckung in den Sozialsystemen, um künftige Beitragszahler zu entlasten. Berücksichtige man in den Berechnungen die fiskalischen Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern, summiere sich die Lücke sogar auf insgesamt 5,2 Billionen Euro. Dies seien 225,4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Der Grund sei, dass ein Ausländer im Vergleich zu einem Deutschen im Verlauf seines Lebens weit weniger Abgaben zahle, als ihm an Transfers zuflössen. Die Antwort müsse eine gesteuerte Einwanderung qualifizierter Fachkräfte sein. Eine vergleichbare Generationenbilanz wurde Anfang der neunziger Jahre in den USA entwickelt. Dabei werden die gesamtwirtschaftlichen Budgetposten wie Renten- und Steuerzahlungen herangezogen und mit Bevölkerungsprojektionen verknüpft. Die Nachhaltigkeitslücke weist aus, in welcher Höhe der Staat eigentlich Rücklagen gebildet haben müsste. Die aktuelle Studie basiert vor allem auf Daten von 2006, aber auch auf ersten Zahlen des Jahres 2007. Auch die jüngsten Reformen wurden in die Kalkulation einbezogen. Die 1982 als "Frankfurter Institut" gegründete Stiftung Marktwirtschaft versteht sich als unabhängiger Zusammenschluss von Wissenschaftlern.
10.7.2008, www.spiegel.de , www.rnz.de

Bernd Raffelhüschen ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Freiburg

 

Die konservativen Atomparteien CDU und CSU - Kernkraft

Die Union präsentierte am 23 Juni 2008 in einem neuen Grundsatzpapier, wie sie "die Schöpfung bewahren" will. Atomkraftwerke und Autolobby sollen weitermachen wie bisher.

Beginnen wir mit dem Erfreulichen: Noch immer gibt viele Menschen an der Basis von  CDU und der CSU die sich für das Leben und gegen die Atomindustrie engagieren. Doch die organisierten "CHRISTLICHE DEMOKRATEN GEGEN ATOMKRAFT (CDAK)" sind leider nur eine kleine Minderheit in der Christlich Demokratischen Union. http://www.castor.de/diskus/gruppen/cdak.html

Wie funktioniert ein Kernkraftwerk?
Die Nutzung der Atomenergie ist eine Gefahr für Mensch und Umwelt auch wenn die Mehrzahl der CDU CSU Politiker dies nicht wahrhaben wollen. Umweltbelastend, krank machend und sogar tödlich sind die Folgen des Uranabbaus, der Urananreicherung und die Herstellung der Brennelemente. Im so genannten Normalbetrieb geben Atomkraftwerke krebserzeugende Radioaktivität an die Umwelt ab. Ein jederzeit möglicher schwerer Unfall oder Terroranschlag kann das Leben und die Gesundheit von hunderttausenden Menschen in Gefahr bringen und große Gebiete dauerhaft unbewohnbar machen. Atomkraftwerke und Atomwaffen sind "siamesische Zwillinge" und die "zivile" Nutzung der Atomenergie führt zur weltweiten Weiterverbreitung von Atomkraftwaffen. Noch problematischer und unsicherer als AKW sind die Wiederaufarbeitungsanlagen. Die Macht und der Einfluss der Atomkonzerne EnBW, RWE, E.ON, Vattenfall und Siemens auf die CDU-CSU Politik ist undemokratisch. Der heute produzierte Atommüll muss eine Million Jahre sicher gelagert werden und gefährdet das Leben zukünftiger Generationen auf dieser Erde.'

Terrorismus ist für die CDU ein wichtiges Thema, doch die Gefährdung von Atomkraftwerken durch potentielle Anschläge und Terror wird in der politischen Debatte gerne verdrängt und ausgeblendet. Doch die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie hat die Büchse der Pandora weit geöffnet. Mit dem Hinweis auf drohende Terrorgefahren wird der Überwachungsstaat ausgebaut und die Bürgerrechte werden mehr und mehr eingeschränkt. Im Bereich der Atomanlagen, dort wo tatsächlich ernstzunehmende Gefahren drohen, gibt es eine ideologische Blindheit. Eine mit dem Unfall von Tschernobyl durchaus vergleichbare Katastrophe für die Menschheit ist jedes neue Land, das mit Hilfe der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie zum Atomwaffenstaat wird. Gerade konservative Politiker wie Herr Sarkozy und Herr Bush gefährden die Welt durch Atomexporte.

Atomkraftwerk + Atomwaffen = Atomkraftwaffen
Das größte Atomproblem ist die Gefährdung allen Lebens mit der weltweiten Verbreitung von Atomkraftwaffen durch den Bau von Atomkraftwerken, Urananreicherungsanlagen und dem Schwarzmarkt für Plutonium. Wieso haben Länder wie Pakistan und Israel Atomwaffen? Weil sie mit Hilfe der "friedlichen Nutzung der Kernenergie" Mittel und Wege gefunden haben, Atomkraftwaffen zu bauen. Und jedes alte und neue AKW (auch der neue Siemens Euroreaktor EPR) vergrößert die Gefahr für den Weltfrieden. Deutlich wird diese Gefahr auch beim Streit um das iranische bzw. nordkoreanische Atomprogramm und die iranische bzw. nordkoreanische Atombombe. Doch der erhobene Zeigefinger der CDU CSU in Richtung Nordkorea und Iran gilt nicht, wenn hinter diesem Zeigefinger eigene Atomwaffen, AKW und UrananreicherungsanlagenAtomkraftwaffen stehen. Woher kommt die Anmaßung der Atomstaaten, anderen Ländern das verbieten zu wollen, was sie selber haben? Wie der Kolonialismus lässt sich eine weltweite atomare Zweiklassengesellschaft auf Dauer nicht aufrecht erhalten. Wer im eigenen Land Atomkraftwerke betreibt und länger laufen lässt, wer heimlich auf den Bau neuer Siemens Druckwasserreaktoren spekuliert, liefert dem Rest der Welt gute Gründe, neue Atomkraftwerke und Atomwaffen zu bauen, fördert die Proliferation und gefährdet so diesen Planeten und alles Leben. Konservative Politik kann dies nicht sein. Die von der CDU gewünschte AKW-Laufzeitverlängerung ist Gefahrzeitverlängerung Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke bedeutet mehr Atommüll, mehr atomares Risiko durch die Alterung der Atomkraftwerke, mehr Gefahr durch die Versprödung der Reaktordruckgefäße, durch die Weitergabe von Atomkraftwaffen und die zunehmende Gefahr von Atomterrorismus. Die aktuelle Debatte um die Laufzeitverlängerung, als Einstieg in den zukünftig geplanten Neubau von AKW, zeigt auch die undemokratische Machtfülle der Atomkonzerne EnBW, RWE, E.ON, Vattenfall und Siemens. Laufzeitverlängerung für AKW ist eine unverantwortliche Gefahrzeitverlängerung.

Krebs und Atomanlagen
Alle AKW geben über den Schornstein und das Abwasser auch im so genannten "Normalbetrieb" und bei Störfällen ständig Radioaktivität an die Umwelt ab. Aus einer Studie, die das Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) im Dezember 2007 veröffentlichte, geht hervor, dass die Häufigkeit von Krebserkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren mit der Nähe zum Reaktorstandort deutlich zunimmt. Die Studie mit Daten von über 6000 Kindern liefert die bislang deutlichsten Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko bei Kindern in der Nähe von Kernkraftwerken. Das Risiko ist demnach im 5-km-Radius für Kinder unter fünf Jahren um 60 Prozent erhöht, das Leukämierisiko um etwa 120 Prozent. Im Umkreis von fünf Kilometern um die Reaktoren wurde für den Zeitraum von 1980 bis 2003 ermittelt, dass 77 Kinder an Krebs erkrankten, davon 37 Kinder an Leukämie. Im statistischen Durchschnitt wären 48 Krebserkrankungen beziehungsweise 17 Leukämiefälle zu erwarten. Der Studie zufolge gibt es also zusätzlich 1,2 Krebs- oder 0,8 Leukämieerkrankungen pro Jahr in der näheren Umgebung von allen 16 untersuchten Akw-Standorten. Warum gibt das den christdemokratischen "Bewahrern der Schöpfung" nicht zu denken?

Atomkraft und die Klimakatastrophe
"Atomkraftwerke schützen das Klima". Damit werben die Atomkonzerne und die Atomparteien CDU und CSU für den scheinbar CO2-freien Atom-Kraftwerkspark. Diese geschickte Werbebotschaft der AKW-Betreiber soll Akzeptanz für alte und neue AKW schaffen. Im Zeitalter der organisierten Desinformation erleben wir hier ein spannendes Exempel.
Die Forderung nach neuen Atomkraftwerken dient auch der psychologischen Entlastung viele Politiker der Atom- und Kohleparteien CDU und CSU. Sie tragen die Hauptverantwortung für die bisherige und zukünftige Verschwendung von Energie, Rohstoffen und für die drohende Klimaveränderung. Die Werbeabteilungen der Atomkonzerne bieten Ihnen jetzt eine schöne Illussion, sich scheinbar aus der Verantwortung stehlen zu können. Mit vorgeschobenen Umweltargumenten wird Umweltschutz verhindert und umweltgefährdente Anlagen "grüngewaschen". Die Propaganda der Umweltzerstörer ist besser geworden. Die Nutzung der Atomenergie ist nicht nur lebensbedrohend, sondern auch die teuerste Art von Klimaschutz. Der Bau neuer AKW kommt uns wesentlich teurer als das Energiesparen oder die Errichtung moderner Gaskraftwerke.

Erst die Laufzeitverlängerung - dann neue Atomkraftwerke
Die Atomkonzerne und ihre CDU - CSU Vertreter in den Parlamenten haben ein zweistufiges "Zukunftskonzept": Zuerst der Ausstieg aus dem "Atomausstieg" und dann den Neubau von Atomkraftwerken. Die Planung des EPR (Europäischer Druckwassereaktor) wird von den Atomkonzernen mit unseren Stromgeldern finanziert, solange wir dort Strom beziehen. Gebaut werden soll er von Siemens und Areva. Der Euroreaktor ist groß statt sicher. Die elektrische Leistung von 1600 Megawatt ist eine Abkehr von der einst geforderten "inhärenten Sicherheit". Doch um die Kosten nicht völlig ausufern zu lassen, setzt man bei Siemens und Areva "mehr auf supergroß als auf supersicher". Der EPR verfügt nicht über genügend passive Sicherheitssysteme, sondern setzt immer noch auf störanfällige Armaturen und Pumpen mit Motorantrieb, die bei einem Ausfall der Stromversorgung versagen.

Schwerer Atomunfall - verheerende Konsequenzen
Nehmen Sie einen Zirkel und ziehen Sie einen Kreis von ca. 300 Kilometer um Ihren Heimatort. Wenn es in einem der Atomkraftwerke in diesem Kreis zu einem schweren Unfall kommt, zu einer Katastrophe die unwahrscheinlich ist und dennoch morgen schon eintreten kann, wenn ein Teil des radioaktiven "Inventars" des AKW austritt und der Wind in Richtung Ihres Wohnortes weht, dann werden Sie diese Ihre Heimat, mit allem was Sie in Jahrzehnten mühevoll aufgebaut haben, schnell und endgültig verlassen müssen und froh sein, einfach nur zu überleben. Warum sehen die Spitzenpolitiker von CDU und CSU dies nicht?

Atomkraftwerke, Laufzeitverlängerung und Geld
Bei der Debatte um Nutzung der Kernenergie verwundert immer wieder die Vehemenz mit der die Atomlobby, Atomkonzerne und die CDU CSU für ein höheres Atomrisiko streiten. Gerade die Ministerpräsidenten Günther Oettinger und Roland Koch kämpfen mit Vehemenz für die Gefahrzeitverlängerung von AKW und gegen Windräder. Warum werden die Gefahren nicht gesehen? Die Antwort ist einfach. "Its the economy stupid" Es geht ums Geld, um sehr viel Geld. Die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken bringt uns allen viele Risiken, den Atomkonzernen und vermutlich auch den Lobbisten aber viel Geld: Die Heinrich Böll Stiftung hat die satten Gewinne berechnet, welche die Triebfeder der Atomlobby sind: Für die älteren - und in den nächsten Jahren zur Stillegung anstehenden Atomkraftwerke ergeben sich "Zusatz"erträge von durchschnittlich 200 bis 300 Mio. Euro jährlich, für die neueren Anlagen summieren sich die jährlichen Zusatzerträge auf 300 bis 400 Mio Euro. Über alle (aktuell noch betriebenen) Atomkraftwerke und alle Betreiber summieren sich diese Zusatzerträge für jeweils ein Jahr Laufzeitverlängerungen auf ein Gesamtvolumen von 4,6 bis 6,2 Mrd Euro. Nachhaltig, konservativ und christlich ist die CDU / CSU Atompolitik nicht. Diese Politik ist nicht einmal fortschrittlich sondern nur fortschrittsgläubig. Es wird Zeit, dass die Basis von CDU und CSU endlich gegen diese Politik aufbegehrt. Volksvertreter sollten das Volk vertreten und nicht nur die Interessen der Atomkonzerne.
Axel Mayer, 24.6.2008,
www.mitwelt.org/cdu-csu-atompartei-akw-kkw.html

 

 

Hunger ist kein Schicksal: Landreformen, Handelsschranken

Der Publizist Wolfgang Kessler wirbt für Landreformen in armen Ländern und Beschränkungen des freien Handels

Hungerkrisen laufen immer gleich ab. Es kommt zu Armenaufständen gegen steigende Preise. Es werden Schuldzuweisungen ausgetauscht. Nach einigen Wochen verhallt die Debatte — und nichts hat sich geändert. Bis zum nächsten Aufstand. Dabei gibt es durchaus Strategien gegen die globale Ernährungskrise. Allerdings sind diese unpopulär, weil dazu wirtschaftliche Dogmen, Machtstrukturen im Süden und ein selbstgerechter Wirtschafts- und Lebensstil in den reichen Ländern in Frage gestellt werden müssen. Zum Beispiel das Dogma des möglichst freien Welthandels, das auf allen internationalen Handelskonferenzen (fast) unhinterfragt vorausgesetzt wird. Dahinter steht der Traum, dass der Wohlstand aller steigt, wenn sich jeder Staat auf seine Stärken konzentriert und die dadurch entstehenden Produkte dann tauscht. Für den Handel zwischen etwa gleich starken Volkswirtschaften trifft dies sicher zu. Im Austausch zwischen armen und reichen Ländern sorgt der freie Handel jedoch für eine Flut von Nahrungsmittelexporten in die Entwicklungsländer.
Zu einem beträchtlichen Teil handelt es sich dabei um hoch subventionierte Geflügelteile, Tomatenpaste, Milchprodukte oder Ähnliches aus der EU oder um Billigreis aus den USA oder Japan. Während die städtischen Schichten in den Entwicklungsländern diese zusätzlichen und noch dazu preiswerten Angebote genießen, verdrängen die Billigimporte lokale Produzenten vom Markt. Die Großplantagen reagieren auf den Freihandel und bauen nicht mehr Getreide für den lokalen Markt, sondern Exportprodukte wie Ananas für die Supermärkte des Nordens an. Dadurch sinkt das Angebot an Nahrungsmitteln im Land. Die Kleinbauern verlassen ihre Ländereien und ziehen in die Städte. Es gibt weniger zu essen, aber mehr Esser. Wer der Hungerkrise begegnen will, muss die Länder des Südens vor den Billigimporten aus den reichen Ländern so lange schützen, bis sie selbst eine solide Landwirtschaft aufgebaut haben. Weltfremde Dogmen vom freien Handel sind schädlich. Doch damit nicht genug. Über 500 Millionen Menschen würden gerne Land bewirtschaften, besitzen aber keines. Gleichzeitig lassen Großgrundbesitzer alleine in Brasilien riesige Flächen an Kulturland brachliegen — genauso wie in vielen anderen Ländern. Seit Jahren fordern Experten Landreformen im Süden, um Kleinbauern mindestens das Land zu überlassen, das Großgrundbesitzer nicht bewirtschaften. Doch kaum etwas geschieht. Warum machen der Internationale Währungsfonds, die Weltbank oder andere eine Landreform nicht zur Bedingung für finanzielle Leistungen?
Doch die Hungerkrise in den armen Ländern scheint den Eliten in den Industrie- und auch in den Schwellenländern nicht wirklich nahe zu gehen. Warum würden sie sonst versuchen, ihren energieaufwendigen Wirtschafts- und Lebensstil mit Agrotreibstoffen aufrechtzuerhalten? Entgegen aller dramatischen Meldungen beansprucht der Agrosprit bisher nur 100 bis 200 Millionen Tonnen der weltweiten jährlichen Getreideproduktion. Kommt es jedoch wirklich zu einem Agrosprit-Boom, dann würde dieser die Nahrungsmittelpreise rasant in die Höhe treiben — mit allen Folgen für die Armen. Wäre es da nicht besser, die reichen Ländern würde konsequent Energie sparen? Noch verhängnisvoller für die Hungerkrise sind die Intensiv-Landwirtschaft und das Konsumverhalten der Reichen in den Industrie- und Schwellenländern. Von den 2120 Millionen Tonnen Getreide, die jährlich produziert werden, stehen nur 1006 direkt als Nahrungsmittel zur Verfügung. 754 Millionen Tonnen dienen als Futtermittel für die üppige Fleischproduktion. Da inzwischen auch der Fleischkonsum in China und Indien rasant wächst, werden die Nahrungsmittel knapper - und teurer. Die Intensiv-Landwirtschaft und der Fleischkonsum der Wohlhabenden geht zu Lasten der Armen. Langfristig zukunftsfähig ist nur eine Landwirtschaft, die mit deutlich weniger importierten Futtermitteln auskommt — so dass diese als Nahrungsmittel zur Verfügung stehen. Jedes Jahr werden genügend Nahrungsmittel angebaut, um eine wachsende Menschheit zu ernähren. Möglich ist die Ernährung aller aber nur, wenn die Nahrungsmittel nicht in erster Linie dem Luxuskonsum für wenige dienen — und wenn mehr Bauern im Süden in die Lage versetzt werden, sich selbst und ihre Märkte zu versorgen.
19.4.2008, BZ, Wolfgang Kessler, Chefredakteur der christlichen Zeitschrift Publik-Forum
www.publik-forum.de

 

Rentnerdemokratie - Herzogs Warnung: Rentner haben Verständnis

Sind wir unterwegs in die Rentnerdemokratie? Wenn davor ausgerechnet ein 74-Jähriger warnt, kann man eines nicht tun: Man kann die Warnung nicht zur Stimmungsmache eines jugendlichen Hitzkopfs stempeln und damit entwerten.

Tatsächlich treibt Altbundespräsident Herzog eine ernste Sorge um. Es ist die Furcht, dass die Regierenden versucht sein könnten, aus Rücksicht auf die wachsende Zahl der Ruheständler eine Politik zu betreiben, die deren Interessen bedient und darüber die der jüngeren Generation aus dem Auge verliert. Anhaltspunkte dafür gibt es. Die Anhebung der Renten entgegen dem eigenen Regelwerk der Koalition zur Sicherung des Systems auch für Jüngere war nur einer davon. Union wie SPD wissen sehr genau, dass es eben nicht nur immer mehr Rentner gibt. Nein, diese Rentner gehen auch überdurchschnittlich oft zur Wahl, wodurch sich ihr Gewicht gegenüber Vätern, Müttern oder gar jungen Erwachsenen, die als besonders wahlfaul gelten, noch einmal erhöht. Nun kann man der älteren Generation nicht vorwerfen, dass sie fleißiger wählen geht als andere. Im Gegenteil. Und dass die Älteren eigene Interessen verfolgen, ist legitim. Aufgabe der Politiker ist es einzugreifen, wenn dadurch Schaden für nachfolgende Generationen droht. Glaube keiner, Rentner brächten für Zukunftssicherung kein Verständnis auf. Die meisten von ihnen sind auch Opas und Omas. Und wer will schon, dass es Kinder und Enkel einmal schlechter haben?
Thomas Fricker, 12.4.2008, BZ

 

Verbot von Landminen: Kampagne von medico international

Zwei Hauptredner, wie sie gegensätzlicher nicht hätten erscheinen können, prägten eindrucksvoll die Ausstellungseröffnung zum Thema "Landminen", mit der das Markgräfler Gymnasium die Kampagne von "medico international" gegen Landminen und Streubomben vom 27. November bis zum 7. Dezember unterstützt. Die Grausamkeit dieser gegen Menschen eingesetzten Waffen, die Thomas Gebauer als Geschäftsführer von "medico international" mit erschreckenden Zahlen und Fakten belegte, entlarvte der Kabarettist Georg Schramm in der Rolle des Oberstleutnants Sanftleben als vermeintlicher Redner der "Gegenseite" mit hochgiftigem Sarkasmus und Ironie.

Einig waren sich beide darin, dass das Verbot von Landminen — inzwischen haben 155 Staaten den Vertrag von Ottawa unterzeichnet — kein Grund zum zufriedenen Zurücklehnen sein könne. Gebauer verwies auf Millionen von Minen, die auch heute noch Menschen bedrohen, auf die Betreuung von Opfern, die dauerhaft Unterstützung benötigen, und auf die Notwendigkeit, gegen Fahrzeugminen und so genannte "Streubomben" vorzugehen. Darüber hinaus berichtete er über Alternativwaffen, mit denen die inzwischen weltweit geächteten "Anti-Personen-Minen" ersetzt werden könnten. Und genau hier setzte Schramm alias Oberstleutnant Sanftleben an: mit hyperkorrekten — und damit unfreiwillig entlarvenden — "Relativierungen" , wenn er beispielsweise die Genfer Konvention als "Wermutstropfen" bezeichnet oder sich — ganz beiläufig — dafür entschuldigt, dass sich die "sechs bis zehn Prozent Blindgänger bei Streubomben negativ auf das Verhältnis betroffener Kinder zu Kinderspielzeug auswirken." Das sei keinesfalls so gewollt, lediglich flugtechnisch bedingt, und überhaupt arbeite man längst an der Entwicklung von "Waffen, die nicht töten können". Außerdem so der "Oberstleutnant" könnten moderne, unblutige und ethnisch gezielt einsetzbare Waffen wie beispielsweise der "silent sheriff" über das "Schmerzgedächtnis so konditionieren" , dass sich "Weichziele (die Achillesferse jeder Kriegsführung)" nicht mehr auf die Straße, geschweige denn eine Teilnahme an Demonstrationen wagten. Insofern hätten zivile Menschenrechtsorganisationen wie "medico international" sogar geholfen, "eine schmutzige Waffe zu entfernen, die wir (das Militär) auch nicht mehr wollen." Als engagiertes Mitglied von medico international unterstützte Georg Schramm nach seinem Auftritt die Ausstellung am Markgräfler Gymnasium zusätzlich durch die Leihgabe zweier Bodenplatten der Aktion "600 Mal Bewegung schaffen — räumt die Minen" , die er zusammen mit Isa Fritz den Schülern der SMV überreichte. Im Namen der Schule bedankte sich Schulleiter Heribert Hertramph bei Gebauer, Schramm und Fritz, aber auch bei den Schülerinnen des Neigungsfachs Politik, die den Abend mit einer eindrucksvollen Lesung von Opferberichten eröffnet hatten, und dem Seminarkurs unter der Leitung von Udo Grotz, der die Ausstellung organisiert und aufgebaut hat. Im Namen der Schüler dankte Annalena Marek außerdem den Bäckereien Weber und Kirschner sowie dem Weingut Behringer für Sachspenden und den Mitgliedern der "Combo" , die den zahlreichen Besuchern eine musikalische Begleitung boten. Knapp eine Million Menschen haben mit ihrer Unterschrift die Kampagne gegen Landminen bereits unterstützt. Die millionste Unterschrift könnte im Laufe dieser Woche am Markgräfler Gymnasium von Besuchern der Ausstellung eingetragen werden.
eb, 28.11.2007, BZ

 

 

Deutschland immer mehr im Krieg in Afghanistan

Deutsche Tornados sind seit April 2007 im Süden Afghanistans im Kriegseinsatz. Die Entscheidungen über eine noch stärkere Beteiligung Deutschlands an diesem Krieg, am Hindukusch, ist ohne große öffentliche Debatte gefällt worden.

Die politische Stille im Land brüllt in meinen Ohren. Zwar waren die Linke, Teile der SPD und die
GRÜNE Basis dagegen, dass Deutschland so nach und nach in einen großen Krieg gezogen wird. Doch die Mehrzahl der SPD Abgeordneten und fast die Hälfte der GRÜNEN Bundestagsfraktion war für den Kriegseinsatz. Der Tornadoeinsatz ist nicht so harmlos, wie gerne dargestellt wird. Er ist Teil eines unerklärten Krieges. Es ist tief erschreckend mit welchen Lügen solch wichtige Entscheidungen in Deutschland politisch durchgesetzt werden. Eine "bessere Luftaufklärung" im Süden Afghanistans bedeutet bei einem asymetrischen Krieg immer auch Zielfindung für die Bombenangriffe auf unbeteiligte Zivilisten und Kinder ...
Bei dieser Ausweitung der Kriegshandlungen geht es auch darum "Wieder das töten zu lernen". Der
Regierungsbeauftragte Karsten Voigt, wurde nach SPIEGEL-Informationen in Washington bedrängt, die Bundeswehr könne nicht immerzu nur im ruhigen Norden Patrouille fahren. Die deutschen Soldaten müssten "lernen zu töten". Hier müssen wir uns widersetzen. Nach meiner Ansicht sollten die Unterwerfungsgesten gegenüber den USA endlich eingestellt werden. Der erste Grund für den Einstieg in die deutsche Beteiligung am Afghanistan Feldzug war die erfreuliche Nichtbeteiligung von Rot -- GRÜN am Irak Krieg. Damals "brauchte" es eine politische Demutsgeste gegenüber den Vereinigten Staaten und dafür bot sich Afghanistan an. Jetzt bekommt diese Demutsgeste eine immer politischere und gefährlichere Dimension.
Der Afghanistankrieg ist kein direkter Krieg um Öl. Afghanistan hat keine Ölreserven. Strategisch aber geht es um die Einflussnahme in der ölreichsten Region der Welt, am kaspischen Meer. Es geht um die Einkreisung des Iran und Russlands. Immer wieder wird auch gesagt, wir würden "Kultur, Zivilisation und Entwicklung" nach Afghanistan bringen. Nach Hiroshima, Auschwitz, My Lay, Bhopal und Tschernobyl stellt sich für mich die Frage für welche Kultur wir stehen? Und ist unser mitweltzerstörendes Raubbausystem tatsächlich ein Vorbild der Entwicklung für den Rest der Welt? Anfang 2007 stellte sich die militärische Situation in Afghanistan folgendermaßen dar. Binnen zwölf Monaten haben sich in Afghanistan die Zahl der Selbstmordattentate versechsfacht, die Feuerüberfälle auf Nato-Truppen verdreifacht, die Angriffe auf afghanische Einheiten vervierfacht. Auch im Norden, wo die Bundeswehr bisher stationiert ist, nimmt die Gewalt spürbar zu. Aus der erkennbaren militärischen Niederlage der USA im Irak und aus den militärischen Afghanistan Debakeln der Vergangenheit (blutige Niederlagen der
englischen und der sowjetischen Armeen) werden keine Lehren gezogen. In der Öffentlichkeit wird dieser Krieg auch nicht als Krieg wahrgenommen. Es geht ja "nur" um Luftaufklärung. Dieser real existierende "Nichtkrieg" erinnert verstörend an Georg Orwells Beschreibungen von Kriegen in einer Gedankendiktatur.

Asymmetrische Kriege hoch technisierter Armeen gegen schlecht ausgerüstete Truppen (Tornado contra Gewehr) führen in letzter Konsequenz zu einer, regional nicht mehr eingrenzbaren, Zunahme von Selbstmordattentaten. Der "High Tech Krieg" der USA im Irak kostet wöchentlich 2 Milliarden US Dollar (Schätzung ARD). Doch millionenschwere Jagdflugzeuge und Hubschrauber nützen wenig gegen Selbstmordattentäter. So ist zu befürchten, dass die Seuche der Selbstmordattentate nicht mit militärischen Mitteln eingrenzbar ist. Und die Terrorcamps mit Anleitung zum Bombenbau gibt es eben nicht in Afghanistan, sondern im Internet und die Bombenmaterialien beim Düngemittelhändler in der Nachbarschaft. Der Terror, den der Krieg unterbinden soll, wird weltweit verstärkt. Hier müssen nicht
militärische Gegenstrategien entwickelt werden um drohende Katastrophen, und den aufgrund der Terrorausweitung unweigerlich folgenden Ausbau des Überwachungsstaates, zu verhindern. Nach und nach, in vielen kleinen Schritten werden wir in Afghanistan in einen nicht gewinnbaren Krieg gezogen.
Spätesten nach der absehbaren Niederlage der USA im Irak, wird der Krieg in Afghanistan mit der gleichen Brutalität geführt und verloren werden. Ich will nicht erst dann meine Stimme erheben, wenn die Luftwaffe immer mehr Zinksärge nach Deutschland bringt. Erschreckend ist der Mangel an öffentlicher Debatte zu diesem wichtigen Thema. Gegen den "großen Krieg" im Irak gab es einen breiten Widerstand. Die Durchsetzungsstrategen und Akzeptanzforscher haben daraus ihre Lehren gezogen. Nach und nach und ohne Widerstand schlittern wir in einen Krieg den auch die deutsche Bevölkerung nicht will.
Axel Mayer , Kreisrat, Endingen, 21.5.2007

Info:
http://mitwelt.org/afghanistan-krieg-tornados.html

Das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages in Sachen Afghanistan Krieg und Tornado Einsatz: www.abgeordnetenwatch.de

 

Afghanistan - Tornado - Litef: Kleine und große Zusammenhänge

imi-tübingen,
Freiburger Friedensforum
Aktion gegen Rüstungsproduktion und LITEF-Beteiligung am Tornado Einsatz
Dienstag 8.Mai, Tag der Befreiung vom Krieg und Faschismus, 15 Uhr
bei der Firma LITEF,  Lörracherstr. 18 in Freiburg


Die Bundeswehr setzt Tornados in Afghanistan ein. Dazu kommen noch weitere 250 Soldaten, die beim Geschwader "/Immelmann/" (benannt nach einem alten Militaristen) angestellt sind. Ihre Aufgabe: Bombenangriffe  vorzubereiten, d.h. das Landesgebiet möglichst umfassend zu überwachen. Der Bundestag hat diesem Einsatz -- mit einigen Gegenstimmen, auch der Regierung -- mehrheitlich zugestimmt. Die Stimmung in der Bevölkerung ist genau entgegengesetzt. Die beiden Freiburger Abgeordneten Gernot Erler (SPD) und Kerstin Andreae (Grüne) haben dem Einsatz zugestimmt.  Ihre Begründung für diesen Kriegseinsatz ist banal. Sie wollen die (westliche) Zivilisation retten.

Die Tornados -- einer von ihnen stürzte vor kurzem bei einem Manöver in einem Schweizer Alpental ab -- kosten ca. 80 Millionen Euro pro Stück. Sie haben teuerstes Aufklärungsgerät an Bord. Für die Produktion dieser Überwachungstechnik ist die Fa. LITEF in Freiburg zuständig. Die just-in-time Luftkontrolle führt die Nato-truppen (allein - und gemeinsam mit der ominösen "Operation Enduring Freedom" --d.h. ausgeweitete oder dauerhafte Freiheit) immer mehr in den kriegerischen Sumpf. "Die Aufnahmen sind so genau, dass man erkennen kann, ob der Falschparker am Südstrand von Eckernförde ein Golf 3 ist oder ein Golf  4. Keine andere Nato-Armee kann so genaue Bilder liefern." (SZ)  

Zu den finanziellen Aspekten dieser Kriegsspielereien nur ein paar Zahlen:
Im Jahr 2006 waren im Bundeshaushalt 671 Millionen Euro für so genannte "einsatzbedingte Mehrkosten" vorgesehen. Zusätzlich wurden im Laufe des Jahres noch 33,7 Millionen für den EUFOR RD CONGO Einsatz und 17,2 Millionen für die Präsenz vor der libanesischen Küste durch  Parlamentsentscheidungen bewilligt. Es gab insgesamt Kosten in Höhe von circa 760 Millionen. Besonders ISAF und der sogenannte  Antiterrorkrieg "Enduring Freedom" erwiesen sich als Fass ohne Boden. Die Einsätze der Bundeswehr kosteten am Ende des Jahres 2006 insgesamt 893,79 Millionen. Die Kosten waren also um 18 % höher als geplant. Durch die Entsendung der Tornados sowie die personelle Aufstockung der  Bundeswehr im März 2007 werden die Kosten weiter steigen. Auch in Deutschland stiegen übrigens die Ausgaben der Bundeswehr. Da immer mehr Soldaten im Auslandseinsatz sind, erhöhten sich die Kosten für die  Bewachung von Bundeswehrliegenschaften durch ,ziviles' Personal um 5 Millionen. Ebenso müssten alle Kosten für die Umstrukturierung der Bundeswehr in Eingreif-, Stationierungs- und Unterstützungstruppen sowie die dafür nötige Infrastruktur und Ausbildung den Einsatzkosten zugerechnet werden. *Die Kosten für Auslandseinsätze werden weiter zunehmen. Im Kosovo oder in Afghanistan rechnen Ministeriumsmitarbeiter für die Anwesenheit von deutschen Truppen in der Größenordnung von
"Generationen". Im Umkehrschluss heißt das, dass kaum jemand damit rechnet, in absehbarer Zeit "Erfolge" zu erzielen. Im Rahmen der EU hat man über den Athena-Mechanismus schon einige Erfahrung im Aufstellen von Schattenhaushalten und zudem existieren offensichtlich wenig Skrupel,  Zuschüsse für Militäreinsätze z.B. im Rahmen der Afrikanischen Union (AU), als Entwicklungshilfe zu deklarieren. Von demokratischer Kontrolle, ganz abgesehen vom verfassungsrechtlichen Grundsatz der "Haushaltsklarheit und -wahrheit", kann so keine Rede sein.

7.5.2007, Freiburger Friedensforum

 

Der drohende Krieg gegen den Iran ist ein Atomkraftwaffenkrieg

Sanktionen, Drohung und wechselseitige Drohgebärden - immer schneller dreht sich gegenwärtig im nahen Osten die Eskalationsspirale. Militärschläge gegen iranische Atomanlagen und militärische Ziele, ja sogar ein Krieg gegen den Iran scheint angesichts der wechselseitigen Drohgebärden unausweichlich.
 
Dieser Krieg wäre wieder ein Krieg um Öl und Macht. Er wäre aber auch ein erster Atomkraftwaffenkrieg. Ein Zusammenhang zwischen der sogenannten friedlichen und militärischen Nutzung der Atomenergie, wird von den Medien und insbesondere von den VertreterInnen der Atomparteien gerne verdrängt. Wer neue Atomkraftwerke weltweit exportieren will, weil ein einziges neues AKW 4 Milliarden Euro kostet und satte Gewinne erwarten lässt, der will diesen Zusammenhang nicht sehen. Und doch zeigt gerade der aktuelle Konflikt um das iranische Atomprogramm diesen Zusammenhang mehr als deutlich. Das iranische Nuklearprogramm reicht bis in Jahr 1959 zurück. 1974 begann die Siemens - Tochter Kraftwerk Union (KWU) mit dem Bau eines Atomkraftwerks in Buschehr am Persischen Golf. Nach dem Sturz von Reza Pahlewi, des Schah von Persien, wurde diese Zusammenarbeit eingestellt. Heute wird in Deutschland nicht gerne daran erinnert, dass die Grundsteine des iranischen Atomprogramms von der deutschen Firma Siemens gelegt wurde. Die so genannte "friedliche Nutzung der Kernenergie" setzt nicht nur den fehlerfreien Menschen und die fehlerfreie Technik, sondern auch dauerhaft stabile politische Verhältnisse voraus. Als diese, scheinbar stabilen politischen Verhältnisse im Iran aus deutscher Sicht nicht mehr gegeben waren, beendete Siemens die Zusammenarbeit, doch dafür setzt jetzt Russland die Bauarbeiten fort. Der Iran wurde durch den Krieg mit dem Irak, der 1980 begann, wirtschaftlich massiv zurückgeworfen. Die USA hatten bei diesem mörderischen Krieg, bei dem hunderttausende irakischer und iranischer Soldaten starben, ein Interesse an einer möglichst langen Kriegsführung, um beide Konfliktparteien politisch und ökonomisch zu schwächen.

Heute erheben die USA und die UNO den Vorwurf gegen den Iran, an einem Atomwaffenprogramm zu arbeiten. In Betrieb sind u.a. Forschungsreaktoren in Teheran sowie in Ramsar und Bonab im Nordwesten des Landes. Die Anlage in Natans wurde eigens für die Anreicherung von Uran gebaut. Mit Gas-Zentrifugen angereichertes Uran ist nötig, um Atomkraftwerke zu betreiben. Für den Bau von Atombomben wird hochangereichertes Uran benötigt, das mit speziellen Zentrifugen gewonnen wird. Gerade diese Urananreicherungsanlagen lassen sich sowohl für militärische als auch für die zivile Zwecke nutzen und zeigen damit das Doppelgesicht der "friedlichen Nutzung der Kernenergie". In der Freiburger Partnerstadt Isfahan steht das größte Atomforschungszentrum des Iran. In diesen Anlagen wird Uranhexafluorid hergestellt. In Arak wird gerade eine Anlage zur Produktion von Schwerem Wasser zur Moderation der Kernspaltung in Reaktoren erbaut. Ebenfalls noch im Bau ist der Siemens KWU Reaktor in Buschehr am Persischen Golf, der bereits unter der Monarchie geplant wurde, sowie Anlagen gleicher Größe in Ahvaz.
Das Nachbarland Pakistan hat (nicht nur) dem Iran den Weg zur Atombombe vorgezeigt:

  • 1965: Inbetriebnahme des ersten "Forschungsreaktors". Gleichzeitige Erklärung von Außenminister Bhutto, "einer indischen Atombombe eine eigene entgegen zu setzen"
  • 1972: Energiegewinnung durch pakistanisches AKW. Parallel dazu ständig Versuche die pakistanische Atombombe zu entwickeln
  • Über Urananreicherung und Plutoniumgewinnung (mit Chinesisch-Deutscher Hilfe) erreicht Pakistan dieses Ziel
  • Seit Beginn der 90er Jahre produziert Pakistan jährlich hochangereichertes Uran für ca. 3 bis 4 Atombomben
  • 1992: Erklärung der Regierung, über eine Atombombe zu verfügen
  • 1998: erster pakistanischer Atomwaffentest

Der drohende Krieg im Iran zeigt den, von der Atomindustrie erfolgreich aus den Medien verdrängten, engen Zusammenhang zwischen der so genannten zivilen Nutzung der Atomenergie und der Atombombe. Werbeagenturen, wie die vom Nuklearforum beauftragte Firma Burson Marsteller, sorgen dafür, dass diese in der Werbesprache sinnigerweise "killing fields" genannten, unangenehmen Atom - Themen öffentlich nicht diskutiert werden. Nach den Atombombenabwürfen in Hiroshima und Nagasaki begann die weltweite Werbkampagne "Atome für den Frieden", die von den unmenschlichen Folgen der Kriegsverbrechen in Japan ablenken sollten. Auch hinter dem gefährlichen Traum von der "friedlichen" Nutzung der Atomenergie in Frankreich, Deutschland und der Schweiz stand ursprünglich der Wunsch nach eigenen, nationalen Atomwaffen. Heute wird die Welt von den Atomwaffen der folgenden Staaten bedroht:
  USA
  US-Atomwaffen in Europa (NATO)
  Großbritannien
  Frankreich
  Russland
  China
  Indien
  Pakistan
  Israel
  Nordkorea
Im Jahr 1981 hatte die israelische Luftwaffe, vermutlich im Auftrag der USA, das im Bau befindliche irakische AKW, kurz vor der Beladung mit Brennelementen, bombardiert und zerstört. Im Gegensatz zu diesem, damals im Bau befindlichen irakischen Atomkraftwerk, sind die Mehrzahl der iranischen Atomanlagen hochgradig radioaktiv belastet. Auch in einem Versuchsreaktor entsteht pro Megawatt elektrischer Leistung jährlich die kurz- und langlebige Radioaktivität einer Hiroshima Bombe. Zusätzlich zu den verheerenden Folgen jedes Krieges, wäre eine Bombardierung der iranischen Atomanlagen auch ein radioaktives Fiasko, mit Folgen weit über den Iran hinaus. Weltweiter Nuklearterrorismus und Anschläge auf Atomanlagen wären als mögliche Reaktion auf solche Angriffe durchaus denkbar. Die aktuellen Überlegungen der Militärs in den USA, mit so genannten kleinen Atombomben (Mininukes) beschränkte Kriege zu führen, verstärkt die Gefahren zusätzlich. Wieso haben die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea Atomwaffen? Weil sie mit Hilfe der "friedlichen Nutzung der Kernenergie" Mittel und Wege gefunden haben Atomkraftwaffen zu bauen. Und jedes alte und neue AKW (auch der neue Europäische Druckwasserreaktor EPR) vergrößert die Gefahr für den Weltfrieden. Der erhobene Zeigefinger gegen Länder wie den Iran ist leider unglaubwürdig, wenn hinter diesem Zeigefinger eigene Atomwaffen, AKW und Urananreicherungsanlagen stehen. Woher kommt die Anmaßung der Atomstaaten, anderen Ländern das verbieten zu wollen, was sie selber haben? Wie schnell kann ein heute noch demokratisches Land mit Atomanlagen zur Diktatur und zum so genannten Schurkenstaat werden?
 
Wie der Kolonialismus lässt sich eine weltweite atomare Zweiklassengesellschaft auf Dauer nicht aufrecht erhalten. Wer im eigenen Land AKW betreibt, Atomkraftwerke länger laufen lässt, wer heimlich auf den Bau neuer Siemens Druckwasserreaktoren spekuliert, liefert dem Rest der Welt leider gute Gründe, neue Atomkraftwerke und Atomwaffen zu bauen, fördert die Proliferation und gefährdet so diesen Planeten und alles Leben.
Der Iran Konflikt zeigt auch die Schizophrenie der UNO-Organisation IAEO. Das Ziel der IAEO wurde bei der Gründung folgendermaßen definiert: "Ziel der Organisation ist es, den Beitrag der Atomenergie zum Frieden, zur Gesundheit und zum Wohlstand auf der ganzen Welt rascher und in größerem Ausmaß wirksam werden zu lassen. Sie stellt soweit als möglich sicher, dass die von ihr geleistete Hilfe nicht zur Förderung militärischer Zwecke verwendet wird."
Einerseits soll sie im Iran und anderswo die militärische Nutzung der Atomkraft verhindern, andererseits fördert die IAEO als UNO-Organisation aber indirekt die Proliferation, die Weiterverbreitung von Atomwaffen durch den Bau von AKW in immer mehr Ländern. Atomkraftwerke und Atomwaffen sind die jeweils andere Seite der gleichen Medaille, auch wenn die PR-Industrie der Atomlobby alles versucht, diesen Zusammenhang zu leugnen. Der drohende Krieg gegen den Iran, der sicher kein lokal begrenzter Krieg bleiben würde, wirft ein grelles Licht auf diesen Zusammenhang. Der eskalierende Konflikt zeigt welche Gefahren von der weltweiten Verbreitung von Atomkraftwerken und der zwangsläufig damit verbundenen Weiterverbreitung von Atomwaffen ausgeht. Deeskalation und eine aktive Friedenspolitik ist das Gebot der Stunde.
Sie haben sich in diesem Beitrag über den ungewöhnlichen Begriff der Atomkraftwaffen gewundert? Er führt zusammen, was zusammen gehört und was eine geschickte Werbung zu trennen versucht

Axel Mayer BUND Geschäftsführer / Vizepräsident Trinationaler Atomschutzverband , 29.3.2007
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/projekte/krieg-gegen-iran.htm

 

Die deutschen Soldaten müssen wieder "lernen zu töten"

Die "Nichtdebatte" um den schleichenden Einstieg in den Afghanistan Krieg bedrückt mich sehr. Wenn "unsere Jungs" "wieder so richtig das töten zu lernen" wird sich auch bei uns vieles verändern. Der deutsche Militarismus ist nicht tot, er ist nur nicht in Mode.

Lange habe ich gewartet, ob nicht irgendwann
eine "gute" Resolution kommt, die ich einfach unterzeichnen kann. Leider (und das ist auch typisch für diese Zeit) kam aber nichts. Darum hab ich für  meine Kreistagsfraktion und den GRÜNEN KV in Emmendingen einen Text geschrieben und auch lange diskutiert. Ich sehe das schreckliche Dilemma in das uns der (rot/grüne) Beginn des Einsatzes gebracht hat. "Gute Lösungen" gibt es wohl nicht. Darum steht im Text auch "nur" ein entschiedenes Nein zur Änderung des Mandats, und  gegen den schleichenden Einstieg in den Krieg. Hoffentlich löst diese pointierte Stellungnahme zumindest eine
öffentliche Debatte aus. Über einen drohenden , langsamen Kriegseintritt sollten wir doch zumindest streiten. Der Text kann von Euch gerne auch als "Steinbruch" für eigene Texte und Erklärungen verwendet werden...
Axel Mayer (die politische Stille in diesem Land brüllt in meinen Ohren), 6.2.2007


Afghanistan: GRÜNE gegen den schleichenden Einstieg in den Krieg

Deutsche Tornados und "Spezialtruppen" sollen im umkämpften Süden Afghanistans eingesetzt werden. Die Entscheidungen fallen in Kürze. Nach Ansicht des GRÜNEN KV Emmendingen und der GRÜNEN Kreistagsfraktion wird Deutschland so nach und nach in einen großen Krieg gezogen. Der geplante Tornadoeinsatz ist nicht so harmlos, wie gerne dargestellt wird. Eine "bessere Luftaufklärung" im Süden
Afghanistans bedeutet bei einem asymetrischen Krieg immer auch Zielfindung für die Bombenangriffe auf unbeteiligte Zivilisten und Kinder... Bei dieser Ausweitung der Kriegshandlungen geht es auch darum "Wieder das töten zu lernen". Der Regierungsbeauftragte Karsten Voigt, wurde nach SPIEGEL-Informationen kürzlich in Washington bedrängt, die Bundeswehr könne nicht immerzu nur im ruhigen Norden Patrouille fahren. Die deutschen Soldaten müssten "lernen zu töten". Hier müssen
wir uns widersetzen. Nach unserer Ansicht sollten die Unterwerfungsgesten gegenüber den USA endlich eingestellt werden.
Binnen zwölf Monaten haben sich in Afghanistan die Zahl der Selbstmordattentate versechsfacht, die Feuerüberfälle auf Nato-Truppen verdreifacht, die Angriffe auf afghanische Einheiten vervierfacht. Auch im Norden, wo die Bundeswehr stationiert ist, nimmt die Gewalt spürbar zu. Asymetrische Kriege hochtechnisierter Armeen gegen schlecht ausgerüstete Truppen (Tornado contra Gewehr) führen in letzter Konsequenz zu einer, regional nicht mehr eingrenzbaren, Zunahme von Selbstmordattentaten. Wir befürchten, dass diese Seuche nicht mit militärischen Mitteln eingrenzbar ist.  Der Terror, den der Krieg unterbinden soll, wird so weltweit verstärkt. Nach und nach, in vielen kleinen Schritten werden wir in einen nicht gewinnbaren Krieg gezogen. Spätesten nach der absehbaren Niederlage der USA im Irak, wird der Krieg in Afghanistan mit der gleichen Brutalität geführt und verloren werden. _Wir wollen als GRÜNE nicht erst dann unsere Stimme erheben, wenn die Luftwaffe immer mehr Zinksärge nach Hause bringt._

Erschreckend ist der Mangel an öffentlicher Debatte zu diesem wichtigen Thema. Gegen den "großen Krieg" im Irak gab es einen breiten Widerstand. Die Durchsetzungsstrategen und Akzeptanzforscher haben daraus ihre Lehren gezogen. Nach und nach und ohne Widerstand schlittern wir in einen Krieg den auch die Bevölkerung nicht will. Wir erwarten auch von den GRÜNEN Bundespolitikern ein entschiedenes Nein zu dieser Änderung des Mandats gegen den schleichenden Einstieg in den Krieg.

Für die Fraktion, Axel Mayer / Kreisrat- Venusberg 4 - 79346 Endingen
Für den Kreisverband,  Alexander Schoch / Kreisvorstand  Engelstraße 10 - 79183 Waldkirch
6.2.2007, mayer.axel at gmx.net


 

Bring the boys home - Irak und Afghanistan

... übrigens:
Der Grafikteil des runderneuerten Motivs stammt aus einem Uraltplakat
gegen den Vietnamkrieg.

Es ist schrecklich, wenn Diktaturen die Menschenrechte verletzen. Aber noch schlimmer ist es, wenn Demokratien in Kriegs- und Krisenzeiten diese wichtigsten Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens ebenfalls vergessen.
Asymetrische Kriege hochgerüsteter Armeen fordern immer mehr Opfer unter der Zivilbevölkerung und fördern so den bekämpften Terrorismus. Es widerspricht den Genfer Konventionen und ist nicht akzeptabel, wenn auf einen getöteten „Gegner“ 10 getötete Kinder kommen und dies im Neusprech
der Akzeptanzforscher und Politik dann verharmlosend Kollateralschaden genannt wird. Unsere "Spezialkräfte" in Afghanistan werden zu wenig kontrolliert und "unsere" Truppen arbeiten in Afghanistan mit Armeen zusammen, die gegen die Menschenrechte verstoßen. Noch sind es ja immer noch hauptsächlich Männer die Kriege führen.
"Bringt die Jungs (und selbstverständlich auch die Frauen) nach Hause". Wir sollten dies zur Kampagne machen und müssen uns natürlich auch überlegen, wie wir das von "uns" mitverursachte Chaos in den Griff bekommen.
Axel Mayer, 8.11.2006, bund.suedlicher-oberrhein@bund.net


 

Vielzahl von Söhnen als Hauptgrund für Terror?

"Mit diesem Buch liefert der Völkermordforscher Gunnar Heinsohn eine spannende und zugleich provokative Antwort auf den weltweit eskalierenden Terror. Mit eindrücklichen Beispielen aus der Aktualität und der Geschichte belegt er, dass weder religiöser Fanatismus noch Armut für tödliche Gewaltbe-reitschaft sorgen. Vielmehr erweist sich ein übergrosser Anteil perspektivloser Jugendlicher an der Gesamtbevölkerung als Hauptgrund für Unruhen, Terror und Krieg, bis hin zum Aufstieg und Fall ganzer Nationen."
Vierte Umschlagweite des Buchs von Gunnar Heinsohn: Söhne und Weltmacht

"Und was haben westliche Gesellschaften den Horden junger, zorniger Männer entgegenzusetzen? Nachwuchs, der eher mit den Gefahren der Verfettung vor dem heimischen Computer oder Fernseher zu kämpfen hat. Und Söhne, die oft nicht nur die einzigen Söhne, sondern auch die einzigen Kinder sind, auf deren Ausbildung viel Zeit, Mühe und Kosten verwandt wurde und die man eher nicht in Kriegen verheizt sehen will."
Sylke Tempel in der Welt vom 10.01.2004

 

Selbstmord Europas - Essay von Mark Steyn

Den postchristlichen Wohlfahrtsstaaten fehlen Kinder und Mut. Demographie ist die beste Waffe der Moslems

Viel von dem, was wir vage die westliche Welt nennen, wird dieses Jahrhundert nicht überleben. Vermutlich wird es auf den Landkarten noch eine Region geben, die als Italien oder Deutschland bezeichnet wird, so wie es in Istanbul immer noch ein Bauwerk gibt, das St.-Sophia-Kathedrale heißt. Nur ist es eben keine Kathedrale mehr, sondern bloß eine Immobilie. Ebenso werden Italien und Deutschland Namen von Liegenschaften sein. Für jene, die glauben, daß die westliche Zivilisation per saldo besser ist als alle Alternativen, besteht die Herausforderung darin, zumindest einen Teil des Westens zu retten. So ziemlich alle Parteien im Westen haben sich dem verschrieben, was man die sekundären Impulse einer Gesellschaft nennen könnte - Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung, Elternzeit. Wir haben den sekundären Impulsen Vorrang vor den primären eingeräumt: Landesverteidigung, Familie, Glaube, und, am elementarsten, die Fortpflanzung - "Geht hin und mehret euch". Wenn nicht, dann könnt ihr all die sekundären Impulse nicht bezahlen. Der Konstruktionsfehler der säkularen sozialdemokratischen Staaten ist, daß sie die Geburtenrate einer gläubigen Gesellschaft bräuchten, um sich zu erhalten. Das Problem ist, daß Gesellschaften des sekundären Impulses ihre Schwächen als Stärken - oder wenigstens als Tugenden - mißverstehen, und deshalb versagen sie kläglich im Umgang mit einer Urgewalt wie dem Islam.
Apropos: Wenn wir uns tatsächlich im Krieg befinden - eine Annahme, die die Hälfte der Amerikaner und ein deutlich höherer Anteil der Europäer nicht teilt -, worum genau wird dieser Krieg dann geführt? Es gibt viele Brandherde auf der Welt, aber generell läßt sich auf eine Konfliktpartei stets verläßlich schließen: Moslems gegen Juden in "Palästina", Moslems gegen Hindus in Kaschmir, Moslems gegen Christen in Afrika, Moslems gegen Buddhisten in Thailand, Moslems gegen Russen im Kaukasus, Moslems gegen Touristen auf Bali. Wie die Umweltschützer denken diese Kerle global, aber agieren lokal. Sie wissen, daß sie auf dem Schlachtfeld niemals gewinnen können, aber sie rechnen sich eine Chance aus, die Sache so lange hinzuziehen, bis die westliche Zivilisation an sich selbst zugrunde geht. Darum geht es in diesem Krieg: um unser mangelndes zivilisatorisches Selbstvertrauen. Das fortschrittliche Programm - verschwenderische soziale Wohlfahrt, Abtreibung, Säkularismus, Multikulturalismus - ist, zusammengenommen, das eigentliche Selbstmordattentat. Das Tolle am Multikulturalismus beispielsweise ist, daß man gar nichts von anderen Kulturen wissen muß. Alles, was es braucht, ist, andere Kulturen cool zu finden. Multikulti heißt, daß Ihr Kind für die Weihnachtsfeier statt "Stille Nacht" irgendeinen Stammesgesang lernt, aber nicht, daß Sie in einer afrikanischen Gesellschaft leben möchten.

Wir machen uns um die falschen Dinge Sorgen. In seiner bahnbrechenden Studie "Die Grenzen des Wachstums" von 1972 erklärte der Club of Rome, daß uns bis 1993 Gold, Quecksilber, Blech, Zink, Erdöl, Kupfer, Blei und Gas ausgegangen wären. Nichts davon trat ein. Genaugenommen schwimmen wir in Ressourcen, aber die Menschen gehen uns aus - die eine wirklich unersetzliche Ressource. Wenn es darum geht, die Zukunft vorherzusagen, sprechen die Geburtenraten eine unmißverständliche Sprache. Wenn im Jahr 2006 eine Million Babys geboren werden, dann werden 2026 dem Arbeitsmarkt wohl kaum zwei Millionen junge Erwachsene zur Verfügung stehen. Die harten Fakten besagen, daß der westlichen Welt die Kinder viel schneller ausgehen als das Öl. Die zur Erhaltung der Bevölkerungszahl notwendige Geburtenrate liegt bei 2,1 Babys pro Frau. Manche Länder liegen deutlich drüber: Somalia bei 6,91, der Niger bei 6,83, Afghanistan bei 6,78, der Jemen 6,75. Haben Sie bemerkt, was diese Länder verbindet? Am Ende der Geburtenratenrangliste finden Sie schließlich die USA - mit 2,07 Geburten pro Frau in etwa auf Erhaltungsniveau. Irland liegt bei 1,87, Australien bei 1,76. Kanada ist mit 1,5 schon deutlich unter dem Erhaltungsniveau, Deutschland und Österreich befinden sich mit 1,3 bereits am Rande der Todesspirale. Rußland und Italien liegen bei 1,2, Spanien bei 1,1 - ungefähr die Hälfte dessen, was zur Erhaltung nötig wäre. Bis 2050 wird Italiens Bevölkerungszahl um 22 Prozent gesunken sein. Bis 2050 wird es 100 Millionen Europäer weniger geben. Während die Geburtenraten sinken, altert die Gesellschaft wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Diese Länder werden aus dem Geschäft ausscheiden - es sei denn, sie finden den Mut zur Veränderung. Was ich nicht glaube. Wenn Sie sich die europäischen Wahlergebnisse anschauen - zuletzt in Deutschland -, fällt die Schlußfolgerung nicht schwer, daß die Wähler mit ihrer politischen Elite unglücklich sind. Und zwar deshalb, weil sie nicht gern aufgefordert werden, die Höhe der staatlichen Zuschüsse, die sie bekommen, zu überdenken, ganz egal, wie unbezahlbar diese für die kommende Generation auch sein mögen.1970 scheint gar nicht lange her, und doch hat sich die Welt seitdem grundlegend verändert. 1970 hatten die Industrieländer einen zweimal höheren Anteil an der Weltbevölkerung als die Moslems: 30 gegen 15 Prozent. Im Jahr 2000 waren sie gleichauf: Jeder hatte etwa 20 Prozent. Die Welt ist heute also viel islamischer als damals, 20 Millionen Moslems sind (offiziell) seitdem dazugekommen - das entspricht der Bevölkerung von zusammen vier europäischen Ländern (Irland, Belgien, Dänemark, Estland). Keine Religion breitet sich im Westen schneller aus als der Islam: In Großbritannien besuchen jede Woche mehr Moslems als Christen den Gottesdienst. Können diese Trends weitere 30 Jahre anhalten, ohne daß das Konsequenzen hätte? ...

Um den Zusammenbruch zu verhindern, werden die europäischen Nationen mehr Einwanderer aufnehmen müssen, als es je eine stabile Gesellschaft versucht hat. Die CIA sagt den Zusammenbruch der EU für das Jahr 2020 voraus. Zwar hat die CIA im letzten halben Jahrhundert so ziemlich alles falsch verstanden. Aber sogar ein mieser Agent landet einmal in 30 Jahren einen Treffer. Der Zeitpunkt des EU-Zusammenbruchs ist eher noch vorsichtig geschätzt. Wahrscheinlicher scheint, daß die Widersprüche der EU schon innerhalb der nächsten paar Wahlperioden auf die übliche Weise zutage treten. Ab 2010 können wir dann auf amerikanischen Nachrichtenkanälen zuschauen, wie in Europa die Häuser brennen und es zu Straßenkämpfen und Mordanschlägen kommt. Und selbst wenn es gelingt, das zu verhindern, bleibt die Vorstellung eines kinderlosen Europas, das Amerika militärisch oder ökonomisch Konkurrenz macht, lachhaft. Irgendwann in diesem Jahrhundert wird es 500 Millionen Amerikaner geben, und was in Europa noch übrig ist, ist dann entweder sehr alt oder sehr moslemisch. Westliche Liberale haben feine Antennen. Wann immer man die Frage aufbringt, ob in einer oder in drei Generationen noch Italiener in dem als Italien bezeichneten Landstrich leben werden, schreien sie "Rassismus!". Und sich um den Anteil der "Weißen" an der Bevölkerung zu sorgen ist tatsächlich grotesk und unangebracht. Aber es geht ja auch gar nicht um Rasse, es geht um Kultur. Wenn 100 Prozent einer Bevölkerung an die liberale, pluralistische Demokratie glauben, ist es egal, ob sie zu 70 oder zu fünf Prozent "weiß" ist. Aber wenn der eine Teil einer Bevölkerung an die liberale, pluralistische Demokratie glaubt und der andere nicht, spielt es eine große Rolle, ob der Teil, der es tut, 90 oder nur 60, 50 oder 45 Prozent der Bevölkerung auf sich vereint. Laut einer Umfrage von 2004 wollen 60 Prozent aller britischen Moslems unter der Scharia leben - und zwar in Großbritannien. Wenn eine Gemeinschaft "in Zwietracht mit der modernen Welt" die sich am schnellsten vermehrende des Planeten ist, wie stehen dann die Chancen, daß die "moderne Welt" überlebt? Nicht gut.

Aus dem Amerikanischen von Wieland Freund. Der stark gekürzte Text erschien zuerst in der Januarausgabe der amerikanischen Zeitschrift "New Criterion" (©) Mark Steyn
Kompleten Artikel vom 9.2.2006 auf www.welt.de:81/data/2006/02/09/842944.html lesen

"It's the demography, stupid" von Mark Steyn.
Mark Steyn ist bekennender Konservativer; was herauskommt, wenn "so jemand" über die Geburtenrate der westlichen Gesellschaften, die Rolle der Frau, und über die Bedrohung des Westens durch den Islam schreibt, könnte man ahnen und ungelesen abtun. Allerdings nur "könnte": Ein Körnchen bis ein Korn Wahrheit ist immer dabei, und ein mit Schmackes geschriebener längerer Aufsatz der politischen "Gegenseite" kann immer dazu dienen, den eigenen Standpunkt zu klären. Und dafür ist dieser Aufsatz bestens geeignet.

11.1.2006 http://www.bela1996.de/literature/le.html

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